Trend zur Schließung hessischer Apotheken beschleunigt sich

Die Zahl der hessischen Apotheken sinkt seit Jahren. Obwohl seit 2020 mit Auftauchen der Pandemie die Apotheken zahlreiche Zusatzaufgaben übernahmen und deutlich wurde, wie wichtig flächendeckende Strukturen für die Versorgung der Bevölkerung sind, schlossen auch in 2021 wieder 8 hessische Apotheken.  Zum 31. Dezember 2021 gab es noch 1.412 Apotheken, nach 1.420 Apotheken in 2020 und 1.454 Apotheken Ende 2019.

Von den Schließungen betroffen waren sowohl Stadt- als auch Landapotheken. Der HAV sieht für den fortlaufenden Trend mehrere Gründe. Einerseits können Apotheken zwar mit wohnortnahen und teilzeitfreundlichen Arbeitsplätzen punkten, können allerdings kaum Gehälter auf Industrienieveau zahlen. Daher entscheiden sich viele junge Apotheker:innen für einen Arbeitsplatz in der Pharmaindustrie. Fehlende verlässliche Rahmenbedingungen erschweren es zudem jungen Apotheker:innen, die Investition für die Übernahme einer Apotheke zu planen. So fällt es vielen Apotheker:innen, die ihre Apotheke aus Altersgründen abgeben wollen, schwerer, Käufer:innen zu finden. In ländlichen Gebieten macht sich zudem der bestehende Ärztemangel bemerkbar. Schließen dort Praxen, hat das Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg einer Apotheke, denn rund 80 Prozent des Apothekenumsatzes wird durch verschriebene Arzneimittel generiert. 

Mira Sellheim, Patientenbeauftragte des Hessischen Apothekerverbandes e.V., verweist auf die wachsende Anzahl der Apotheken, die in Zukunft nicht mehr weiter geführt werden können. „Das hat Einfluss auf die Versorgung. Diese beobachten wir insbesondere auf dem Lande sehr aufmerksam und sind stets im Dialog mit der Politik, um Versorgungsengpässe zu verhindern.“

Gleichzeitig besteht durch die zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern abgeschlossenen Rabattverträge sowie immer häufiger auftretende Lieferengpässe ein immenser Beratungs- und logistischer Aufwand, der mit einem entsprechendem Personaleinsatz verbunden ist. Darüber hinaus sind die Kosten für Gehälter, Miete und Versicherungen stetig gestiegen, diejenigen für Energie zuletzt signifikant, während das Basishonorar der Apotheken seit über einer Dekade stagniert.

„Die betriebswirtschaftliche Situation vieler Apotheken bleibt damit schlecht“, stellt Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes e.V., fest.

Apothekenstruktur
Seit 2004 kann jeder Apotheker neben seiner Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken im näheren Umkreis betreiben.

Im Jahr 2021 führten in Hessen
-       780 Apotheker:innen nur eine Apotheke
-       184 eine Hauptapotheke und eine zusätzliche Filiale
-         52 eine Hauptapotheke und zwei Filialen
-         27 eine Hauptapotheke und drei Filialen.

Apotheken fest in Frauenhand
Dennoch sind die Öffentlichen Apotheken Jobmotor. Seit einigen Jahren steigt die Beschäftigtenzahl, in Hessen bis Ende 2021 auf insgesamt 12.306 Beschäftigte. Davon sind gut 90 Prozent weiblich. Bei den Leitenden der Apotheken ist das Verhältnis Frauen : Männern mittlerweile fast ausgeglichen. 

Dass der Apothekerberuf ausgesprochen gute Berufsperspektiven aufzeigt, lässt sich an einer stetig steigenden Zahl an Pharmaziestudierenden ablesen sowie an der Tatsache, dass es praktisch keine Arbeitslosen gibt.